3D-Druck in der Orthopädie

3D-Druck in der Orthopaedie Cover

Die 3D-Drucktechnologien haben schon mancher Branche zu einem Entwicklungsschub verholfen. In diesem Beitrag wollen wir uns mit den Möglichkeiten des 3D-Drucks im Bereich der Orthopädie/Medizintechnik befassen. Insbesondere die patientengenaue Herstellung von Orthesen und Prothesen soll im Fokus stehen. Darüber hinaus bieten sich mit dem 3D-Druck auch einige spannende Möglichkeiten im Bereich des Designs von Prothesen und Orthesen. Diese tragen dazu bei, dass sie nicht mehr versteckt werden, sondern gerne offen gezeigt werden.


Verwendete Verfahren für den 3D-Druck in der Orthopädie

Im Falle von Orthesen und den meisten anderen am Körper getragenen / befestigten Hilfsmittel werden Kunststoff-Pulverbettverfahren eingesetzt, insbesondere HP Multi Jet Fusion (Standard und vollfarbig) und Lasersintern. Das bei beiden Verfahren eingesetzte Polyamid 12 (PA 12, ‚Nylon‘) ermöglicht es langlebige, biokompatible und säureresistente Orthesen herzustellen. Außerdem ist es gut nachbearbeitbar, was es ermöglicht, die orthopädischen Hilfen nach den Wünschen der Patienten zu gestalten. Ein entscheidender Vorteil der Pulverbettverfahren ist, dass fast alle Formen und Geometrien möglich sind. Weiterhin werden für die Produktion nur wenige Tage (meist 3 – 5 Werktage) in Anspruch genommen, was eine spürbare Verkürzung der Prozesse in der Orthopädie bedeuten kann. Bei allen Objekten, die ins Körperinnere gelangen, kommt meist der Metall 3D-Druck zum Einsatz. Insbesondere Titan erfreut sich aufgrund der Biokompatibilität, Stabilität und Langlebigkeit großer Beliebtheit.


Anwendungen

Orthesen

Eine Orthese ist ein künstlich hergestelltes Objekt, das der Stabilisierung, Korrektur oder Ruhigstellung von Gliedmaßen oder des Rumpfes dient. Der Vorteil der 3D-Drucktechnologien besteht darin, dass keine Gipsabdrücke mehr verwendet werden müssen. Die benötigten Daten werden mit Hilfe von 3D-Scantechnologien gewonnen und erfolgen ohne direkten Körperkontakt. Eine weitere Möglichkeit besteht in der parametrischen Konstruktion der 3D-Modelle anhand von vorhandenen Messdaten. Das Ergebnis ist eine nahezu perfekt angepasste Orthese, die zusätzlich noch nach den ästhetischen Ansprüchen des Patienten gestaltet werden kann (Farbwahl, Verziehrungen, Accessoires). Damit wird die Orthese zu einem funktionalen Schmuckstück, das im Alltag nicht mehr versteckt wird, sondern gern vorgezeigt wird.

Orthese-Beugesehnennachbehandlung
Bild: Orthese-Beugesehnennachbehandlung; Quelle:Xundhite auf Wikipedia; Lizenz: CC-BY-SA 4.0

Einlagen für Schuhe

Ein Sonderfall der Orthesen sind orthopädische Einlagen zur Anwendung in Schuhen. Diese Einlagen waren bisher eher Massenware, die an bestimmte wiederkehrende, orthopädische Vorfälle, angepasst sind. Durch die Verwendung von 3D-Scantechnologien können die Daten sehr schnell und kontaktarm individuell für jeden Patienten gewonnen werden. Aus den gewonnenen CAD-Daten können anschließenden auf traditionelle weise Einlagen gefertigt werden. Aber auch hier bietet sich die Möglichkeit, die Vorteile des 3D-Drucks zu nutzen (Geschwindigkeit, Ressourcenschonung) indem die Einlage 3D-gedruckt wird. Dabei kommt zurzeit in aller Regel das SLS-Verfahren zum Einsatz. Als Material wird hierfür jedoch nicht das ansonsten übliche PA 12 eingesetzt, sondern meist das weiche, gummiartige, TPU.


Operationsvorbereitung

Bei komplexen/außergewöhnlichen chirurgischen Eingriffen, bietet die Möglichkeit an einem Modell den Eingriff zu „Üben“ einen riesen Vorteil für das Gelingen des Eingriffs. Dabei wird anhand von CT-Daten ein 3D-Modell gedruckt, an dem bestimmte Operationen schon im Vorfeld geübt werden können. Insbesondere bei Herzfehlern von Kleinst-/Kleinkindern erhöht dies die Chance auf ein Gelingen des Eingriffs. Durch Verwendung eines Farb 3D-Druckers (z. B. HP Jet Fusion 580) können die Modelle noch anschaulicher gestaltet werden.

3D-gedrucktes Modell einer Herzkammer_Grundlage_CT-Daten
3D-gedrucktes Modell einer Herzkammer; Grundlage: CT-Daten.

Operationswerkzeuge

Da mittlerweile auch biokompatible und sterilisierbare Materialien für den 3D-Druck zur Verfügung stehen, eröffnet sich auch für medizinische Anwendungen eine Vielzahl von Möglichkeiten. So werden heute schon speziell an den Patienten angepasste Operationswerkzeuge 3D-gedruckt. Auch individuelle Bohrschienen, Schraubenschienen, Klammern oder Schablonen und andere Hilfen für chirurgische Eingriffe werden inzwischen 3D-gedruckt. Der größte Vorteil der Verwendung dieser Operationshilfen liegt in der Zeitersparnis während des Eingriffs. Da die Positionierung der Hilfen schon vorab genau geklärt wurde.

3D-gedruckte Operationshilfe
Quelle: www.efortopenreviews.org;
Bild: Delfini R., J Spine; 2015;4: e118

Schulungsmodelle

In den Bereichen Lehre/Forschung werden zu Anschauungs- und Übungszwecken schon komplexe Modelle gedruckt. Der Vorteil hierbei ist die Möglichkeit, anspruchsvolle Geometrien relativ kostengünstig darzustellen und dem Betrachter einen genaueren Einblick in die Beschaffenheit und Struktur des Körperteils zu gewähren. Insbesondere für außergewöhnliche pathologische Vorfälle können so kostengünstige Anschauungsmodelle hergestellt werden. Durch den Farb 3D-Druck können diese Modelle auch vollfarbig hergestellt und wichtige Elemente markiert werden.

3D-Druck Medizinisches Schulungsmodell Gehirn
3D-gedrucktes Schulungsmodel eines menschlichen Gehirns

Prothesen

Der größte Vorteil des 3D-Drucks bei der Anwendung für die Herstellung von Prothesen ist die hohe Genauigkeit. Diese entsteht durch die Verwendung von CT-Bildern oder von 3D-lasergescannten Bildern. Auf deren Grundlage die Prothesen angefertigt werden. Ob Arm-/Beinprothese oder ein künstliches Gelenk, die Verwendung von Metallen, Keramiken oder Hochleistungskunststoffen (Polyetheretherketon; PEEK) öffnen den Weg für genauere, patientenspezifische Prothesen. Dabei ist insbesondere die kurze Herstellungszeit und das günstige Material ein beachtenswerter Vorteil.

Open Hand Project-3D-gedruckte Handprothese
Bild: Open Hand Project- 3D-gedruckte Handprothese

Fazit

Ob Einlagen für Schuhe, Schienen zur Stabilisierung oder andere orthopädische Hilfen, die 3D-Drucktechnologien stellen die Fertigung von Orthesen auf eine höhere Stufe. Die Produkte können nun schneller, individuell gestaltbar und an die Patientenanforderungen angepasst, hergestellt werden. Darüber hinaus bieten die 3D-Scantechnologien eine genaue und kontaktarme Möglichkeit, die benötigten Daten sehr schnell zu erhalten. Grade im Bereich der Prothesen gibt es Weiterentwicklungen zu beobachten und es bleibt spannend, welchen Einfluss der 3D-Druck auf die Orthopädie in Zukunft noch ausüben wird.

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Über 3Faktur: 3Faktur ist Spezialist für 3D-Druck, Rapid Prototyping und Rapid Manufacturing. Wir arbeiten mit dem Multi Jet Fusion-Verfahren von HP und bieten unterschiedliche Materialien für den Prototypenbau und die Serienproduktion an. Sollten Sie Fragen zu Ihrem Projekt haben, können Sie uns gern kontaktieren.


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