Automatisierung in der additiven Fertigung

Automatisierung im 3D-Druck Symolbild Bauteilsortierung_1300px
Abbildung 1: Automatisierte, KI-basierte Bauteilsortierung in der additiven Serienfertigung. Quelle: 3Faktur

Der 3D-Druck war ursprünglich eine Prototypen-Technologie mit dem Ziel, Bauteile so nah am Serienteil wie möglich zu produzieren. Folglich war ein breites Spektrum an additiven Technologien und Materialien notwendig, um dieses Ziel zu erreichen. Diese technologische Diversität, die teilweise auch eine Umrüstung der Anlagen für Materialwechsel erforderte, machte eine Automatisierung im Prototyping technisch aufwändig und wenig wirtschaftlich.

Mit dem Trend hin zur Serienfertigung entstanden jedoch auf Produktion ausgerichtete Werke mit einer deutlich geringeren Anzahl an Technologien und Materialien. So arbeitet beispielsweise 3Faktur als Auftragsfertiger ausschließlich mit der Multi Jet Fusion-Technologie („MJF“). Auch die US-amerikanische Firma „Smile Direct Club“ arbeitet mit selbiger Technologie und hat die derzeit größte Kapazität global an MJF Druckern um damit Aligner für die Zahnmedizin herzustellen.

Da inzwischen eine industrielle Bauteilqualität und ein wirtschaftliches Preisniveau bei Stückzahlen bis wenige Tausend erreicht wird, lohnt sich die Automatisierung zusehends.


Ausgangslage: Additive Fertigung mit aufwändigen Prozessketten

Es gibt zahlreiche additive Fertigungsverfahren, die sich beim Druck und der darauffolgenden Prozesskette erheblich unterscheiden. Folglich sieht eine Automatisierung für jede Technologie anders aus.

Exemplarisch wird hier das Multi Jet Fusion-Verfahren („MJF“) beschrieben, das zu den leistungsfähigsten Verfahren in der additiven Kunststoffverarbeitung gehört. Die Prozesskette deckt sich weitgehend mit der des Lasersinters, einer ebenfalls sehr verbreiteten pulverbasierten 3D-Druck Technologie. Das MJF-Verfahren besteht aus 9 Prozessschritten, die in Abbildung 2 dargestellt sind.

Der Prozess ist ressourcenintensiv, da jedes Bauteil mehrfach bearbeitet werden muss – digital vor dem 3D-Druck und physisch nach dem 3D-Druck. Die Prozesskette ist dadurch ein wesentlicher Kostentreiber und damit auch ein Hindernis für die Produktion größerer Stückzahlen. Die Automatisierung der Prozesskette und damit einhergehende Effizienzgewinne können jedoch die Wirtschaftlichkeit von größeren Stückzahlen ermöglichen.

Abbildung 2: Übersicht Prozesskette in der additiven Fertigung mit dem Multi Jet Fusion Verfahren. Quelle: 3Faktur

Wo wir heute stehen: (Teil-) Automatisierung von Teilschritten

In den vergangenen Jahren entwickelte sich ein deutlich größerer Fokus der Industrie auf die Prozesskette. Inzwischen gibt es einige Firmen, welche AM spezifische Lösungen im Angebot haben, z.B.

  • Dyemansion, Deutschland: Equipment zum Reinigen, Färben und zur Oberflächenbehandlung (Shot Peening & Chemische Glättung) mit Fokus auf pulverbasierte Kunststoffverfahren.
  • AMT, UK: Equipment zur Bauteilreinigung und Oberflächenbearbeitung (Chemisches Glätten) mit Fokus auf pulverbasierte Kunststoffverfahren.
  • MHG Strahlanlagen, Deutschland: Bauteilreinigung und Shot Peening.
  • AM-Solutions, Deutschland: Equipment insbesondere für die Bauteilreinigung und Oberflächenbearbeitund (Shot Peening, Gleitschliff, u.a.) überwiegend für die additive Kunststofffertigung (Pulver, Photopolymer und FFF/FDM).
  • Post Process, USA: deckt ein ähnliches Feld ab wie AM-Solutions, jedoch mit teils anderen Lösungen.
  • AM Flow, Niederlande: Bauteilerkennung, Sortierung und Verpackung.

Diese Unternehmen haben Lösungen entwickelt, um einzelne Prozessschritte zu automatisieren und damit – je nach Lösung – die Effizienz erheblich zu erhöhen. Allerdings sind die entwickelten Lösungen derzeit nicht integriert, sodass jeder Schritt noch manuelle Arbeit erfordert –  beispielsweise die Beschickung, Vor- und Nachbereitung sowie Wartung der einzelnen Anlagen.

Abbildung 3: Automatisiertes Entpacken von Bauteilen aus dem Pulverkuchen mit einer Anlage von HP bzw. AM-Solutions. Quelle: 3Faktur
Abbildung 4: Automatisierte Bauteilsortierung mit einer Anlage von AM-Flow. Quelle: 3Faktur
Abbildung 5: (Teil-) Automatisierte Bauteilbearbeitung (Verdichtungsstrahlen) mit einer Anlage von MHG Strahlanlagen GmbH. Quelle: 3Faktur

Wo die Reise hingeht: Integrierte Prozessketten und die „Lights-out Factory“

Eine maximale Effizienzsteigerung kann nur dann erreicht werden, wenn es gelingt, die gesamte Prozesskette der additiven Fertigung zu automatisieren. Um dies zu erreichen, laufen zahlreiche Projekte unternehmensintern und auch in übergreifenden Konsortien.

Dabei gibt es jedoch einige Hürde zu überwinden, wie zum Beispiel:

  • Nicht-automatisierbare Teilschritte: Einige Schritte sind nicht bzw. nur mit erheblichem, ökonomisch nicht sinnvollem Aufwand zu automatisieren. Ein Beispiel dafür ist die Vor- und Nachbereitung sowie die Reinigung von Anlagen. Dies schließt auch die 3D-Drucker ein, die beim Pulverdruck stark verschmutzt werden und entsprechend gründlich gereinigt werden müssen.
  • Beschickung: Die Beschickung der Anlagen entlang der Prozesskette ist häufig (derzeit) nicht auf Automatisierung ausgelegt, wodurch aufwändige Umbauten oder angepasste Lösungen notwendig sind.
  • Schnittstellen: Die Automatisierung erfordert eine integrierte IT. Dies ist dann eine Herausforderung, wenn mit Anlagen mehrerer Hersteller gearbeitet wird. Häufig verfügen die Anlagen nur über rudimentäre oder gar keine Schnittstellen, was komplexe Anpassungen der Anlagen bzw. Automatisierungslösungen erfordert.
  • Qualität: Jeder Prozessschritt erzeugt typische Fehlerquellen, die vom Werker per Sichtkontrolle (bei Oberflächenschäden) oder mittels Messinstrumenten identifiziert werden. Bei einer Automatisierung erzeugt dies teils erhebliche technische Herausforderungen. Als Beispiel sei hier die Bauteilreinigung und die Entfernung verbleibenden Restpulvers in Sacklöchern und Kanälen genannt, die vom erfahrenen Werker mit hoher Zuverlässigkeit erkannt werden können. Durch die meist schwer zugänglichen Stellen ist eine automatisierte bspw. kamerabasierte Qualitätskontrolle eine nicht zu unterschätzende Herausforderung.

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Weitere Informationen

Video 1: Darstellung einer Zukunftsvision der additiven Fertigung des Anlagenbauers EOS.

Ist der Traum von der „Lights-Out-Factory“ damit ausgeträumt? Nein, aber auf dem Weg dahin sollte man keine Revolution, sondern eher eine Evolution erwarten. Es gibt Teilschritte, die heute schon wirtschaftlich integrierbar sind. Diese werden in den kommenden Jahren zunehmend umgesetzt.

Bei 3Faktur arbeiten wir bspw. an folgenden Projekten:

  • Integration der Bauteilreinigung mit der automatisierten Sortierung
  • Integration der Tauchfärbung mit der automatischen Sortierung, als eine integrierte und automatisierte Prozesskette
  • Automatische, „in-line“ (am Förderband stattfindende), Qualitätskontrolle (Prüfung der Maßhaltigkeit)
  • Automatisierung der Arbeitsvorbereitung mittels künstlicher Intelligenz

Komplexere Teilschritte, wie Sichtkontrollen oder die Reinigung und Beschickung einiger Anlagen, werden Schritt für Schritt in neuen Anlagengenerationen verbessert. Ähnliches ist auch bei der IT zu erwarten: Bis vor wenigen Jahren waren Schnittstellen die Ausnahme, bei neuen Anlagen ist eine solche Funktionalität bereits Standard.

Um einen ähnlichen Automatisierungsgrad wie in der konventionellen Fertigung zu erreichen, wird es noch einige Jahre dauern. In den kommenden Jahren wird die Prozesskette jedoch zunehmend integrierter und damit die additive Fertigung auch in Bereichen konkurrenzfähig, die momentan noch nicht bedient werden können.


Über 3Faktur: 3Faktur ist Spezialist für 3D-Druck, Rapid Prototyping und Rapid Manufacturing. Wir arbeiten mit dem Multi Jet Fusion-Verfahren von HP und bieten unterschiedliche Materialien für den Prototypenbau und die Serienproduktion an. Sollten Sie Fragen zu Ihrem Projekt haben, können Sie uns gern kontaktieren.


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